“Finanztransaktionssteuer” – halb so schlimm ? Nein !

Hallo zusammen,

die Finanztransaktionssteuer ist insbesondere in Deutschland aktuell wieder in aller Munde, nachdem Olaf Scholz per Twitter stolz einen angeblichen Durchbruch mit 10 anderen europäischen Staaten verkündet hat.

Von einer Finanztransaktionssteuer kann man nach bisherigem Vernehmen allerdings nicht sprechen, denn effektiv soll nur der Erwerb von Aktien nach dem französischen Modell besteuert werden.

Was heißt das ?


Das französische Modell

Setzt sich der Finanzminister durch wird es also in Zukunft (Mutmaßung: 2021) folgende Änderungen für deutsche bzw. europäische Aktienwerte geben:

  • Der Erwerb von deutschen Aktien mit einer Marktkapitalisierung über 1 Mrd. € wird mit einer Steuer belegt (in Frankreich aktuell in einer Höhe von 0,3%)
  • Die Besteuerung erfolgt unabhängig vom Ort der Transaktion, deutsche Aktien werden also auch an ausländischen Börsenplätzen teurer
  • Erfasst werden nur Aktien am regulierten Markt
  • Daytrader und Hochfrequenzhandel bleiben im Prinzip ausgenommen.
  • Auch Optionshändler und andere Derivate bleiben hierbei verschont.

Was ich davon halte

  • Wie sich jeder der ein wenig von der Materie versteht denken kann wird diese Steuer die Stabilität an den Finanzmärkten kein bisschen verbessern
  • Was verursacht Abstürze an den Börsen ? Richtig: Verkäufe. Warum also ausgerechnet die Käufer, die Stabilität bringen, bestrafen ?
  • Zur Kasse gebeten werden hier in erster Linie die Aktien- und mittelbar auch die ETF- und Fondssparer.

Die Bezeichnungen “Aktienstrafsteuer” oder “Vermögensaufbausteuer” sind hier aus meiner Sicht wesentlich zutreffender.

Was wird es dich als Buy&Hold Anleger kosten: Mögliche Szenarien ?

Hierfür habe ich verschiedene Szenarien betrachtet. Dazu zunächst folgende Eckdaten:

  • Monatliche Anlagesumme: 500€
  • Dynamik der Anlagesumme: 5% p.a.
  • Jährlicher Kurszuwachs: 6,5% (der Durchschnitt des EuroStoxx von 1986 bis heute)
  • Laufzeit: 20 Jahre

Szenario 1: Ohne Aktienstrafsteuer (nur die normale Steuer in Höhe von 26,375% wird fällig)

Szenario 2: Mit Aktienstrafsteuer in Höhe von 0,1% pro Kauf

Szenario 3: Mit Aktienstrafsteuer in Höhe von 0,3% pro Kauf

Szenario 4: Mit Aktienstrafsteuer in Höhe von 0,3% pro Kauf, allerdings fällt der Soli in Höhe von 1,375% weg.

Zur Berechnung habe ich den bekannten Fonds Sparplanrechner verwendet.

Ergebnis

Schauen wir uns die Kosten nach 10 Jahren an:

Die Kosten der Finanztransaktionssteuer nach 10 Jahren.

Nach 10 Jahren hat man im Worst-Case 226 € an Finanztransaktionssteuern gezahlt. Die Entlastung durch den Wegfall des Solidaritätszuschlages auf Kapitalanlagen würde trotz Finanztransaktionssteuer im gleichen Zeitraum 360 € betragen.

Nach 20 Jahren ergibt sich ein ähnliches Bild:

Die Kosten der Finanztransaktionssteuer nach 20 Jahren.

Hier liegt die Höhe der Strafsteuer zwar bei Netto 600 €. Das sind dennoch nur 0,2% des Vermögens nach Steuern oder anders gesagt der Wechsel vom Amundi zum Vanguard-ETF.

Fällt der Soli weg spart man hier trotzdem 2200€.

Also ist doch alles gut. Danke Olaf Scholz ?

Nein. Bleibt die Höhe der Transaktionssteuer bei den prognostizierten 0,3% dürfte die Finanztransaktionssteuer für die meisten Buy&Hold Anleger zu vernachlässigen sein. Aber:

  • Erstens sind das hier bloß Spekulationen. Die genaue Höhe der Finanztransaktionssteuer ist genauso wenig bekannt wie die genauen Parameter zur Abschaffung des Solidaritätszuschlages.
  • Eine Erhöhung der Finanztransaktionssteuer oder weiterer Geldquellen um Sparer zu schröpfen ist über einen Zeitraum von 10 oder gar 20 Jahren nicht auszuschließen und wahrscheinlich.
  • Während der Börsenwert eurer Anlage schwanken kann und bis zum Totalverlust führen kann ist die bereits gezahlte Steuer für den Kauf höchstwahrscheinlich weg.
  • Die Finanztransaktionssteuer verfehlt ihren Zweck komplett. Das fängt bei der Besteuerung des Kaufes an (kann Olaf Scholz mal jemand die Börse erklären ?).

Was tun ?

Wendet euch per Twitter an @OlafScholz, alternativ könnt ihr auch an eure SPD-Kreisgeschäftsstelle vor Ort wenden.

Oder macht in den sozialen Netzwerken mobil oder teilt diesen Beitrag. Die Einführung der Steuer wird wohl nicht mehr zu verhindern sein, allerdings sollte die SPD dafür von den Kleinsparern (Hallo SPD, das ist auch eure Klientel) ordentlich Gegenwind bekommen.

Man kann es sich nicht vorstellen aber auch der böse “Buy&Hold-Anleger” hat ein Interesse an stabilen Aktienmärkten.

Diese Steuer wird nur leider keinerlei Wirkung in diese Richtung entfalten.

Vielleicht sollte die SPD das nächste Mal auch den wissenschaftlichen Dienst des Bundestags einschalten, bevor man sowas als Erfolg verkauft.

 

Hoffentlich können wir zusammen etwas erreichen. Bis zum nächsten Mal.

 

Link zum Rechner

Kommentar (2)

  • Finanzbeamter| Juni 20, 2019

    Moin, ich glaube du hast vergessen das die Steuer beim Verkauf nochmal anfällt. Also dann auch auf die Gewinne.
    Irgendwann will man ja mal verkaufen und das Geld nicht mit ins Grab nehmen.

    • Tobias| Juni 20, 2019

      Hallo Finanzbeamter. Danke für deinen Kommentar.

      Die Finanztransaktionssteuer soll aktuell tatsächlich nur beim Erwerb = Kauf anfallen.
      Die “normale” Abgeltungssteuer plus Soli die beim Verkauf anfallen sind in die Szenarien bereits eingerechnet.

      LG,

      Tobias

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